Glasgow – Zum ersten Mal in der Geschichte der Klimagespräche wurde formell die Notwendigkeit anerkannt, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen. Dem vorausgegangen sind Jahrzehnte öffentlichen Drucks, die jahrelange Führungsrolle der am stärksten von der Klimakrise betroffenen zivilgesellschaftlichen Gruppen und Gemeinschaften sowie Forderungen bedeutender Institutionen wie der Internationalen Energie-Agentur (IEA) und dem Weltklimarat.
Die Vereinbarung von Glasgow „fordert die Unterzeichnerstaaten auf“, den Übergang zu emissionsarmen Energiesystemen zu beschleunigen, Maßnahmen zu ergreifen, um aus der Kohle auszusteigen, und „ineffiziente“ Subventionen für Kohle, Öl und Gas zu streichen. Aus Sicht der Campaigner:innen ist dies ein wichtiger Schritt, aber bei Weitem nicht genug.
Vor sechs Jahren hat sich die internationale Gemeinschaft verpflichtet, den Klimawandel „auf deutlich unter 2°C“, möglichst aber auf 1,5°C, zu begrenzen. Seitdem wurden sie durch Zyklen von Trockenheit, Brände, Überschwemmungen, Hitzewellen und Stürme immer wieder daran erinnert, dass bereits ein Anstieg der Erderwärmung um 1,2°C erhebliche Auswirkungen auf das Leben von Hunderten Millionen von Menschen hat. Die Klimabewegung verurteilt einmal mehr die größten Verschmutzer, weil sie durch ihr Handeln für die Klimakrise verantwortlich sind und sich nach wie vor weigern, eine führende Rolle beim Klimaschutz zu übernehmen.
Joseph Sikulu, Geschäftsführer bei 350.org Pacific
„COP26 gilt als die ausgrenzendste COP aller Zeiten. Dennoch haben wir es geschafft, dass unsere Stimmen gehört werden. Wir, die Zivilgesellschaft, stehen bei den Verhandlungen Seite an Seite mit den Verhandelnden der Pazifischen Inseln und anderer vulnerabler Länder. Die Lobbyisten der Kohle-, Öl- und Gasindustrie sowie die fehlende Bereitschaft der größten Verschmutzer, eine Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels zu übernehmen, sind die Hauptgründe, weshalb bisher weder die Milliarden zur Verfügung gestellt wurden, die für eine Anpassung an den Klimawandel benötigt werden, noch die Mittel, um die Kosten für die bereits entstandenen Schäden zu bezahlen. Es ist ein schwieriger Kampf. Es ist ein schwieriger Kampf, wenn unsere Verhandler:innen einer Überzahl von Lobbyisten der Kohle-, Öl- und Gasindustrie im Verhältnis von 12:1 gegenüberstehen. Es ist ein schwieriger Kampf, wenn die britische Regierung es für die Zivilgesellschaft fast unmöglich und unsicher macht, an den Klimaverhandlungen teilzunehmen. Aber 1,5°C sind keine bloße Option. Sie sind eine absolute Notwendigkeit. An diesem Grenzwert sollte sich jede einzelne Entscheidung in jeder einzelnen internationalen Institution, in jedem Land und in jeder lokalen Behörde orientieren.“
Cansin Leylim, Stellvertretende Leiterin Globale Kampagnen bei 350.org
„Dass fossile Brennstoffe in der Vereinbarung von Glasgow erwähnt werden, ist das Ergebnis jahrzehntelanger Kampagnenarbeit, und zwar entgegen aller Widerstände seitens der Lobby der Kohle-, Öl- und Gasindustrie. Die Dinge fangen an, sich in die richtige Richtung zu entwickeln, allerdings brauchen wir mehr Tempo. Damit dies überhaupt möglich ist, müssen die Lobbyisten der Kohle-, Öl- und Gasindustrie von den UN-Klimagesprächen ausgeschlossen werden. COPs sollten nach dem Prinzip „Verschmutzer raus, Zivilgesellschaft rein“ organisiert werden. Wir müssen weiter Druck ausüben, um alle fadenscheinigen Lösungen zu entlarven: die Puffer, die Kredite, die Ausgleiche. Kurzum, alle Schlupflöcher, die sie in diese Entscheidungen eingebaut haben. Wir müssen weiter darauf drängen, dass das getan wird, was die Klimawissenschaft so eindringlich fordert. Aktuell besteht die Herausforderung darin, sicherzustellen, dass diese Verpflichtungen schneller und in größerem Umfang umgesetzt werden. Die wahre Führungsrolle spielt heute wie auch in den vergangenen Jahrzehnten die Klimabewegung.“
Namrata Chowdhary, Leiterin Öffentliche Beteiligung bei 350.org
„Auf dieser COP wurden wichtige Ankündigungen gemacht – ein stufenweiser Kohleausstieg, der Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe sowie Einschränkungen bei der Förderung von Öl und Gas. Dies ist das erste Mal in 27 Verhandlungsjahren, dass fossile Brennstoffe in der Abschlusserklärung überhaupt erwähnt werden. Dies ist nur ein winziger Schritt, aber ein wichtiger. Es gibt Hoffnung und diese Hoffnung sind die Menschen, die Klimabewegung. Am Freitag hat die Klimabewegung bei der COP26 in ihrer ganzen Kraft gestrahlt. Das People’s Plenary hat gezeigt, wie lebendig, stark, vielfältig und doch vereint die Klimabewegung ist. COP26 hat es versäumt, eine ambitionierte Abschlussvereinbarung zu verabschieden, aber wir sind davon überzeugt, dass wir, die Menschen, den nötigen Wandel angestoßen haben. COPs finden nur an zwei von 52 Wochen eines Jahres statt. In den übrigen 50 Wochen geht es darum, zu handeln. Und diese Wochen beginnen heute. Wir, die Klimabewegung, sind entschlossen, auf Worte Taten folgen zu lassen. Wir sind die einzige Option und diejenigen, die das Ziel von 1,5°C nicht aus den Augen verlieren.“