14. Juni 2021

G7-Gipfel greift zu kurz: Freigabe der Impfstoffpatente gescheitert – Gefahr für den Klimaschutz

Vom 11.-13. Juni 2021 nahmen sieben der größten Industrienationen der Welt am 47. G7-Gipfel in Cornwall, Großbritannien, teil. Bei dem Gipfel machten die Staats- und Regierungschef:innen von Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und den USA große Versprechungen, jedoch ohne Taten oder eine glaubwürdige Strategie dahinter.

Angesichts des letzten Berichtes der IEA müssen die Staatsoberhäupter der Welt sich darauf einigen, fossile Brennstoffe im Boden zu lassen. Weitere Genehmigungen zur Förderung dürfen auf gar keinen Fall erteilt werden.

350.orgs Kampagnenleiterin Agnes Hall sagte: „Wir wollen keine weitere Finanzierung fossiler Brennstoffe, weder von Erdöl und Gas, noch Kohle. Die G7 müssen ihre Volkswirtschaften unbedingt aus ihrer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und unbegrenztem Wachstum befreien, denn das führt direkt in die Katastrophe. Die Coronapandemie hat uns gezeigt, wie anfällig unsere Volkswirtschaften sind. Wir dürfen nicht mehr in fossile Brennstoffe investieren, sondern müssen stabile und dezentrale Energiesysteme basierend auf erneuerbaren Energien aufbauen.”

Damit Wirtschaften nicht so anfällig ist bei einer globalen Pandemie müssen  Imfpfstoffpatente freigegeben werden — Pharmakonzerne müssen ihr Wissen unabhängig von Patenten teilen, damit die COVID-19 Impfstoffe so schnell wir möglich produziert werden können.

Agnes Hall sagte: „Mit öffentlichen Geldern finanzierter wissenschaftlicher Fortschritt muss zuallererst der Öffentlichkeit zu Gute kommen. Wir müssen dringend das Konzernmonopol beenden, die Produktion ausbauen und sicherstellen, dass Impfstoffe, Ausrüstung und Behandlung überall auf der Welt kostenlos zugänglich sind.”

Während wir weltweit gegen die globale Pandemie kämpfen, wird die Klimakrise immer schlimmer und betrifft dabei unverhältnismäßig stark die Schwachen. Die Auswirkungen von Covid-19 und der Klimakrise sind nicht überall auf der Welt gleich schlimm, nicht einmal innerhalb eines Landes oder einer Stadt.

In beiden Fällen sind jene am stärksten betroffen, die ohnehin schon an den Rand gedrängt wurden, während die Reichen und Mächtigen sich abschotten können. Die Länder des globalen Nordens habe daher eine moralische Verpflichtung und ein unmittelbares Interesse, sich mit den Ländern des globalen Südens solidarisch zu zeigen und Impfstoff zu teilen.

Die G7 haben keine Antwort gefunden auf die strukturellen Nachteile des globalen Südens aufgrund von Kolonialismus, Schuldenbergen und den von den Finanzinstitutionen auferlegten Strukturanpassungsprogrammen. Dadurch können sie nicht die nötigen Ressourcen mobilisieren um mit diesen beiden Krisen fertig zu werden.

Für einen gerechten Wiederaufbau müssen wir unsere Wirtschaft so umbauen, dass sie für alle arbeitet, nicht nur für einige wenige. Wir müssen universellen Zugang zu Impfstoffen und einer sauberen Umwelt als Grundrecht verankern. Wir müssen gerechte Lösungen für die Klimakrise fordern, sodass niemand in unserer Gesellschaft vergessen wird oder das Nachsehen hat.

May Boeve, Geschäftsführerin von 350.org sagte:

„Die Staats- und Regierungschef:innen der Welt haben lange genug diskutiert während die Welt um sie herum lichterloh brennt, angesichts von COVID-19 und der Klimakrise. Für einen wirklich gerechten Aufschwung brauchen wir internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen beide Krisen, damit die am stärksten Betroffenen Hilfe bekommen. Finanzmittel müssen so umgeleitet werden, dass alle Länder im globalen Süden gleichen Zugang zu Impfstoffen haben und echte Veränderungen möglich werden, nicht nur leere Netto-Null-Emissionen Versprechen. Die G7 müssen klar Stellung beziehen und alle Investitionen in fossile Brennstoffe stoppen.”

Landry Ninteretse, Regionaldirektor Afrika, 350Africa.org sagte::

„Die wachsende Kluft zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern in Bezug auf die Durchimpfungsrate erinnert an die inakzeptablen Ungleichheiten bei den Auswirkungen der Klimakrise. Sie kann nicht mit bloßen Versprechungen überbrückt werden, es braucht radikales Engagement um den schwächsten Volkwirtschaften bei einem gerechten und nachhaltigen Aufschwung zu helfen. Der erste Punkt ist der komplette Schuldenerlass für Entwicklungsländer, damit mehr Geld für Gesundheits- und Sozialsektor da ist. Es ist an der Zeit, dass die G7 sich gemeinsam dazu verpflichten, die Kosten für Klimaschäden und nötige Anpassungen zu tragen, die hauptsächlich im globalen Süden auftreten werden.”

Joseph Sikulu, Geschäftsführer für 350.org Pacific sagte:

„Es kann nicht sein, dass reiche Länder entscheiden können, wer lebt und wer untergeht in dieser doppelten Krise von COVID-19 und Klimawandel. Es gibt keine Klimagerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit. Die G7 müssen das Geld, das die Klimakrise befeuert, umleiten zu einer gerechten Impfstoffverteilung und zu 100% lokal geführten erneuerbaren Energien solange uns noch dieses kurze Zeitfenster offen steht. Netto-Null-Emissions-Ziele für 2050 sind nicht mehr genug. Im Pazifischen Raum erleben wir längst, wie immer stärkere Stürme Dörfer immer wieder zerstören. Die Klimakrise ist bereits hier — die G7 müssen klar Stellung beziehen um alle Investitionen in fossile Brennstoffe zu stoppen. Als Erstes muss Kanada die Erweiterung der Trans Mountain Pipeline stoppen.”

Norly Mercado, Regionaldirektorin Asien für 350.org sagte:

„In Asien sind hunderte Millionen der Schwächsten weiterhin der Pandemie und der Klimakrise ausgeliefert während sich reiche Länder wie die G7 abschotten. Japan als einziges G7 Land Asiens hat auch nach dem Pariser Abkommen nicht aufgehört, die Klimakrise zu befeuern. Entgegen aller wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel überlegen sie immer noch, Kohlekraftwerke in Bangladesch und Indonesien zu finanzieren, obwohl diese Länder bereits jetzt von immer stärkeren Wirbelstürmen und Hochwässern betroffen sind. Alle G7-Länder haben die moralische Verpflichtung, weltweiten Zugang zu Impfstoff sicherzustellen und alle Investitionen in fossile Brennstoffe zu stoppen.”

Anna Vickerstaff, Teamleiterin für 350.org in Großbritannien sagte:

„Letzte Woche ist Boris Johnson von London zum G7-Gipfel in Cornwall mit dem Flugzeug angereist – das zeigt wie wenig ernst Großbritanniens Regierung die Klimakrise nimmt. Als Gastgeber der COP26 versucht sie, sich eine führende Position zu sichern, aber diese (mangelnden) Taten zählen mehr als Worte. Obwohl in Großbritannien selbst Fracking ausgesetzt ist, unterstützt und finanziert die britische Regierung weiterhin Fracking in Ländern wie Argentinien, wo britische Erdölkonzerne leichter von der Ausbeutung und Zerstörung profitieren können als im eigenen Land. Großbritanniens Finanzsektor investiert so stark in fossile Brennstoffe, dass er, wäre er ein eigenes Land, an weltweit 9. Stelle der CO2-Sünder stünde. Die Bank of England, die vom Finanzministerium kontrolliert wird, sieht nur zu anstatt regulierend einzugreifen.”