21. November 2018

Klimageschädigte fordern von Deutschland den Kohleausstieg

21. November 2018, Europa — Menschen, die sich für die Rechte derer einsetzen, die vom Klimawandel betroffen sind, haben heute gemeinsam mit der Klimaschutzorganisation 350.org eine internationale Petition gestartet. Sie fordern die Bundesregierung auf, Projekte zum weiteren Ausbau der Kohle unverzüglich zu stoppen und den schnellen Ausstieg aus der Kohleproduktion und -verbrennung einzuleiten. Diese Petition startet im Vorfeld eines mit Spannung erwarteten Vorschlags zum Kohleausstieg, den die deutsche Kohlekommission in den kommenden Wochen vorlegen soll.

„Von Japan bis Puerto Rico, von der Arktis bis Peru — Menschen auf der ganzen Welt fordern Klimagerechtigkeit und hoffen, dass Deutschland vorangeht. Wir erheben unsere Stimme und finden Zustimmung überall auf der Welt. Daher müssen sie uns zuhören und erkennen, dass echte Vorreiterschaft darin besteht, fossile Brennstoffe im Boden zu lassen”, sagt Kathy Jetñil-Kijiner, Dichterin und Klimaschützerin von den Marshall-Inseln.

Aus informierten Kreisen ist zu vernehmen, dass die Kommission nach intensivem Lobbyismus durch die  Kohleindustrie und ihre Unterstützer einen Entwurf vorbereitet, der weit hinter dem zurückbleibt, was klimapolitisch nötig wäre:

  • Die sofortige Reduktion der deutschen Kohlekapazität um 50 Prozent, um die deutschen Klimaziele für 2020 noch zu erreichen
  • Die Begrenzung der durchschnittlichen Erderwärmung auf 1.5 °C
  • Die Ausrichtung der Energiepolitik an den Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens

Diese von der deutschen Regierung und anderen europäischen Staaten beschlossenen Ziele erfordern den schnellstmöglichen Ausstieg Deutschlands aus der Kohle (Abbau und Verbrauch) — spätestens bis 2025.

Diese Petition ist eine von vielen Aktionen von durch der Klimakrise betroffenen Gemeinschaften weltweit. Sie zeigt den wachsenden Widerstand gegen Kohle-, Öl- und Gasprojekte in Deutschland und anderswo. Der Druck auf die Bundesregierung, aus der Kohle auszusteigen, hat sich in den letzten Monaten weiter verstärkt. Massenproteste und der stärker werdende Widerstand gegen die Kohle haben geholfen, den uralten Hambacher Forst vor den Plänen von RWE zu schützen.

Der jüngste IPCC-Bericht der führenden Klimaforscher*innen macht deutlich: Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C ist nicht nur möglich, sondern zur Vermeidung der katastrophalsten Klimafolgen entscheidend. 2018 war ein Jahr mit verheerenden Klimafolgen, die bereits jetzt das Leben von Millionen Menschen auf der ganzen Welt verändern — die Auswirkungen der Kohleverbrennung kennen keine Grenzen.

 

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Anmerkung für die Redaktion:

Hier finden Sie die Petition, Fotos und Zitate von den Klimageschädigten.

Presse:

Tine Langkamp, Germany Campaigner and Organizer, [email protected], +4915170169509

Mark Raven, Pressesprecher 350.org: +447841474125 or [email protected]

 

Passende Zitate. Auf der ganzen Welt fordern Menschen, dass die Bundesregierung aus der Kohle aussteigt, um das Klimachaos einzudämmen:

Amanda Luna Tacunan ist die internationale Koordinatorin eines indigenen Rates im peruanischen Amazonasgebiet und engagiert sich seit langem für die Stärkung der indigenen Rechte in ihrer Region und in Deutschland.

„Der Amazonas ist durch den Klimawandel und die extreme Umweltverschmutzung aus dem ökologischen Gleichgewicht geraten. Es verschwinden immer mehr heimische Tiere und Pflanzen und indigene Gemeinschaften verlieren ihre Lebensgrundlage. Die Menschheit mag das Bewusstsein verloren haben, Teil dieser Welt zu sein, doch Sie und ich habendie Verantwortung für strengere Gesetze zur Bekämpfung der Klimakrise zu kämpfen.”

Bio-Landwirt Heiner Lütke Schwienhorst aus Brandenburg.  

„Ein heißer Sommer, von April bis Oktober, mit sehr geringen Niederschlägen, daß belegt wir müssen auf den Klimawandel gar nicht warten, er ist schon da. Jede ‘Investition’ in den Klimaschutz verschafft uns eine sehr gute ‘Rendite’, weil wir das Risiko des Klimawandels mit seinen uferlosen ‘Kosten’ überhaupt nicht ermessen können.”

Nicolas Fabre berät den Städtetag des brasilianischen Bundesstaats Ceará zu den Themenbereichen Umwelt und Entwicklung des ländlichen Raums.

„Die schlimmste Folge des Klimawandels in der Region ist sicherlich die Wasserknappheit. In manchen Gemeinden regnet es an nur einem Tag so viel wie normalerweise in einem halben Jahr, und in der übrigen Zeit herrscht völlige Trockenheit. Erst rufen sie den Notstand wegen der Überschwemmungen aus und ein halbes Jahr später dann wegen der Dürre. Es ist höchste Zeit, dass die deutsche Regierung handelt.

Reiko Takeuchi lebt in der japanischen Hafenstadt Okayama. Eine der schlimmsten Überschwemmungskatastrophen seit Jahrzehnten mit 179 Toten und 70 Vermissten hat ihr Haus schwer beschädigt.

„Die deutsche Bundesregierung entscheidet demnächst nicht nur über ein Enddatum für den Kohleausstieg. Sie entscheidet auch über unsere Lebensgrundlagen und darüber, ob wir und die nächsten Generationen überleben werden. In diesem Jahr wurde Okayama schwer überflutet. Wir fangen gerade erst an, uns aus der Hoffnungslosigkeit und tiefen Traurigkeit wieder herauszuarbeiten und die Stadt nach und nach wiederzubeleben. Aber die Menschenleben, die bei dieser Überschwemmung verloren gingen, sind unwiederbringlich. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass nie wieder irgendjemandem auf diesem Planeten etwas so Trauriges widerfahren wird.”

Jonas Vannar ist traditioneller samischer Rentierhirte.

„Der Klimawandel stellt eine enorme Bedrohung dar. In den letzten Jahren sind massenhaft Rentiere verhungert. Ein Rentierhirte muss dafür sorgen, dass die Rentiere ihr Futter selbst finden können. Sie riechen die Flechten unter dem Schnee. Wenn es im Winter aber warm und dann wieder kalt wird, bilden sich über dem Boden Eisschichten. Darunter können sie die Flechten nicht mehr riechen und das bedeutet, dass die Rentiere verhungern. Mir sind schon Rentiere in meinen Armen verendet, weil sie nichts zu fressen hatten. So etwas will ich nie wieder erleben müssen.

Fenton Lutunatabua ist Mitglied der Pacific Climate Warriors, die sich für den Erhalt ihrer Inselnationen, ihrer Kultur und ihres Lebensstandards einsetzen.

„Für viele Menschen im pazifischen Raum ist der Klimawandel alltägliche Realität. Die fortwährende Kohleverbrennung in Deutschland und die damit verbundenen Entscheidungen der deutschen Bundesregierung bedrohen unsere Existenz auf den Inseln. Wir beobachten euch und fordern von euch verantwortungsbewusstes Handeln. Wir appellieren an euch, das 1,5-Grad-Ziel zu respektieren, damit unsere Inseln nicht im Wasser versinken.”

Claudia Palmer ist Kampaignerin für 350 Aotearoa, den neuseeländischen Zweig der internationalen Klimaschutzorganisation 350.org.

„Hier in Aotearoa in Neuseeland tun wir alles, damit die fossilen Brennstoffe im Boden bleiben. Aber wenn nicht auch Deutschland seinen Teil dazu beiträgt, sind unsere Küstendörfer von schweren Überschwemmungen bedroht. Deutschland muss jetzt aus der Kohle aussteigen!

Moses Sikaala (Sambia)

„Der Klimawandel hat die Wetterverhältnisse in Sambia extrem verändert. Normalerweise beginnt es im Oktober zu regnen, genau zu Beginn der Pflanzzeit. Jetzt wurde gepflanzt, aber es regnet nicht. Und das bedeutet schlechte Ernten und gravierende wirtschaftliche Einbußen. Wir alle schauen auf die Bundesregierung und beten, dass die Industriestaaten auf andere Energiequellen setzen und sich jetzt von der Kohle verabschieden. Unsere Tiere haben nichts zu fressen, weil der Regen ausbleibt und die Weiden vertrocknet sind!”

Wanun Permpibul von Climate Watch Thailand

„Thailand ist von den Auswirkungen des Klimawandels stark betroffen. Dasselbe gilt auch für andere Länder in der Region Asien-Pazifik. Wir können uns kein einziges Kohlekraftwerk leisten, denn schon jetzt ist unser Leben in Gefahr. Wir müssen die Kohlekraft und andere fossile Brennstoffe stoppen.”

Amira Odeh ist Geografin und Wasserexpertin aus Puerto Rico. Sie ist Umweltaktivistin und setzt sich für die Eindämmung der Umweltverschmutzung durch Plastik ein. Darüber hinaus ist sie Ausbilderin für Organisationsarbeit auf lokaler Ebene und hilft bei der Wiederaufforstung Puerto Ricos nach den Hurrikanen von 2017.  

„Für meinen Wohnort in der Karibik bedeutet eine Erwärmung um 1,5 °C, dass wir in unseren Häusern bleiben können. Wir können weiterhin unsere Kulturen pflegen und die Orte genießen, die wir lieben. Auch wenn wir trotzdem noch viele Klimafolgen erleben werden, wird die Begrenzung auf 1,5 °C mir und meinen Mitmenschen helfen, unsere Lebensweise zu erhalten. Deutschland muss jetzt aus der Kohle aussteigen, damit mein Inselstaat Puerto Rico gedeihen kann.”

Stephen Thomas koordiniert seit 2016 die Energiekampagne des Ecology Action Centre Er ist begeisterter Radfahrer und Gärtner und liebt Konzerte, deren Strom durch Solarenergie selbst produziert wird.

„Wir müssen überall aus der Kohle aussteigen. Wir brauchen starke internationale Bewegungen, die sich für den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und den Aufbau einer sozial gerechten, kohlenstoffarmen Wirtschaft einsetzen.”