Im Herbst 2016 fuhr ein mit Flüssigerdgas betriebener LKW mit einer schmelzenden Eisskulptur des Reichtags auf der Ladefläche durch das Berliner Regierungsviertel. Die Botschaft: „Der Klimawandel wartet nicht“. Hinter der Aktion steckten nicht etwa Klimaaktivist*innen. Nein, es handelte sich um eine Aktion der deutschen Gasindustrie. Diese hat in den vergangenen Jahren viel Geld investiert, um ihrem Produkt einen möglichst grünen Anstrich zu verpassen. Ihre Antwort auf den Klimawandel: Mehr Gas.

Zwar ist es richtig, dass beim Verbrennen von Erdgas weniger CO2 entsteht als bei der Nutzung von Kohle oder Öl. Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Denn Erdgas besteht aus Methan, einem Treibhausgas, das in einem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren um ein Vielfaches klimaschädlicher ist als CO2 wenn es unverbrannt in die Atmosphäre entweicht. Bei Förderung und Transport von Erdgas kommt es fast unweigerlich zu Leckagen. Wenn diese Faktoren berücksichtigt werden, kann die Klimabilanz von Erdgas sogar schlechter ausfallen als die von Kohle. Ein rascher Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern ist deshalb dringend notwendig.

Dennoch wird der Ausbau der Gasinfrastruktur in Deutschland und Europa derzeit massiv vorangetrieben. Ein Beispiel ist die Mega-Pipeline TAP, die Gas aus Aserbaidschan nach Europa bringen soll und von der EU finanziell gefördert wird. Die umstrittene Gaspipeline Nord Stream II soll russisches Erdgas nach Deutschland transportieren. Die Bundesregierung unterstützt außerdem den Bau mehrerer Terminals für den Import von Flüssigerdgas, sogenannte LNG-Terminals, mit denen in Zukunft vor allem Erdgas aus den USA nach Deutschland importiert werden soll.

Besonders alarmierend: In den USA wird ein großer Teil des Erdgases mit der umstrittenen Fracking-Methode gefördert. Mit dieser Fördermethode können seit einigen Jahren Lagerstätten in Gesteinsschichten erschlossen werden, die zuvor nicht zugänglich waren. In den USA führte das in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Boom in der Öl- und Gasförderung. Das ist aus klimapolitischer Sicht fatal. Doch auch für Mensch und Umwelt sind die Folgen gravierend: Anwohner*innen berichten von vergiftetem Trinkwasser, giftigen Bohrschlämmen und Erdbeben. Aus guten Gründen ist Schiefergas-Fracking in Deutschland nicht erlaubt. Aus den gleichen Gründen sollte gefracktes Erdgas auch nicht nach Deutschland importiert werden.

Dass Fracking in Deutschland weitgehend verboten ist, ist in erster Linie den zahlreichen Anti-Fracking-Initiativen zu verdanken, die sich an vielen Orten entschlossen gegen diese Art der Gasförderung wehrten. Auch in zahlreichen weiteren europäischen Ländern und Regionen von Bulgarien bis Schottland konnten durch den Protest von unten Fracking-Verbote erreicht werden. Doch auch gegen neue Gaspipelines wächst der Widerstand überall in Europa: In Deutschland gibt es erste Proteste gegen die geplanten LNG-Terminals an der Nordseeküste. In Italien und Griechenland kämpfen Klimaaktivist*innen und Anwohner*innen gemeinsam gegen den Bau der Gaspipeline TAP, die Erdgas von Aserbaidschan nach Europa bringen soll. Bereits erfolgreich waren die Proteste gegen die Mega-Erdgasleitung Midi-Katalonien (MidCat): Anfang 2019 sprachen sich die französischen und spanischen Energieregulierungsbehörden gegen die Realisierung des Projektes aus.

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