Von Emma Biermann, 28 April 2015
Vergangenen Samstag habe ich mich gemeinsam mit 6.000 anderen in eine Menschenkette eingereiht, die von dem verlassenen Dorf Borschemich über Immerath – ein weiteres, inzwischen ebenfalls fast aufgegebenes Dorf – bis hin zum Braunkohle-Tagebau Garzweiler reichte. Gemeinsam forderten wir, den Kohleabbau zu beenden ( #endcoal ) und den gerechten Wandel voranzutreiben, der längst überfällig ist.
Diese jahrhundertealten, geschichtsträchtigen Dörfer im Rheinland, im Westen Deutschlands, wurden zu Geisterdörfern, nachdem der Energieversorgungskonzern RWE den Einwohnern ihre Häuser abgekauft und das Gemeindeleben zum Erliegen gebracht hatte.
RWE ist dabei, das neuntgrößte Kohleabbaugebiet der Welt noch weiter auszudehnen – trotz Schulden, trotz der Zerstörung von Wohnhäusern und Ackerland, trotz hoher Umweltverschmutzung und Radioaktivität vor Ort und natürlich trotz der bekannten Tatsache, dass wir all diese Kohle gar nicht mehr verbrennen dürfen, wenn wir die Klimakatastrophe eindämmen wollen.
Wollen wir den Temperaturanstieg unter 2 °C halten, müssen wir 80 % der heute bekannten Vorkommen fossiler Brennstoffe unangetastet im Boden lassen. Für Europa entspricht das 89 % unserer Kohlevorkommen. Es ist also nur logisch, dass wir weder Garzweiler noch irgendein anderes europäisches Kohlevorkommen weiter ausbeuten dürfen.
Diese Aktion findet bewusst zu einem entscheidenden Zeitpunkt statt: Deutschland arbeitet an der Einführung eines Gesetzes zur Begrenzung der Emissionen aus Kohlekraftwerken, um seine Selbstverpflichtung, die landesweiten CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 % zu reduzieren, erfüllen zu können.
Nie zuvor hatte dieses Ziel mehr öffentlichen Rückhalt – Meinungsumfragen zeigen, dass mehr als 80 % der Deutschen einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2020 wollen. Auch deshalb haben sich an der Menschenkette viele ortsansässige Bürger*innen beteiligt: betroffene Familien, Landwirte und Landwirtinnen, die örtliche Feuerwehr – und ebenso eine ganze Reihe verschiedener Organisationen.
Und es sind keineswegs nur Deutsche, die den Kohleausstieg fordern. Ich war bei Weitem nicht die Einzige, die eine längere Anreise zur #AntiKohleKette (anti-coal chain) hinter sich hatte. Es war inspirierend für mich zu wissen, dass ich hier neben Menschen stand, die aus Belgien, den Niederlanden, Polen und anderswo gekommen waren. Doch ganz gleich, ob man vor Ort lebt und unmittelbar unter den direkten Auswirkungen des Kohleabbaus zu leiden hat, oder ob man in einem anderen Land zu Hause ist – diese ausgedehnte Kohleregion ist Europas größter Verursacher von CO2-Emissionen. Das wirkt sich auf uns alle aus.
Und genau deshalb ist dies nicht das Ende der Kampagne. Nach der Menschenkette geht es weiter: Vom 14. bis 16. August findet in der gleichen Region Deutschlands die Massenaktion “Ende Gelände” statt, um den Forderungen der Menschen Nachdruck zu verleihen, die Kampagne zu stärken und der Kohle ein Ende zu bereiten ( #endcoal ). Nähere Informationen zur dieser Aktion findest du auf der Ende-Gelände-Website.
Denn warum sollen wir noch mehr graben, zerstören und verschmutzen, nur um Kohle zu gewinnen, die wir gar nicht mehr nutzen dürfen?
Weitere Fotos findest du hier. Auch das Video von Campact, einer der Gruppen, die die Menschenkette organisiert haben, solltest du dir nicht entgehen lassen!