Von Melanie Mattauch

Am Mittwoch, den 24. Februar, sollten dreizehn Personen, die aus Protest gegen den Ausbau des Flughafens London Heathrow eine Start- und Landbahn blockiert hatten, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden. Sie erhielten sechs Wochen Haft auf Bewährung. Sie hatten bereits ihre Koffer gepackt und Abwesenheitsbenachrichtigungen per E-Mail eingerichtet, da sie damit rechneten, als erste Klimaaktivist*innen in Großbritannien zu einer Gefängnisstrafe verurteilt zu werden.

Dies ist symptomatisch für den überwältigenden Einfluss der Unternehmensinteressen auf unsere Demokratie. Friedlichen Demonstrant*innen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, wird mit Gefängnisstrafen gedroht, während das Verhalten derer, die uns für ihren privaten Vorteil ins Klimachaos stürzen, toleriert wird. Mit zunehmender Intensivierung der Klimakrise leisten nun mehr und mehr Menschen Widerstand gegen den Klimawandel. Die Zusagen des Pariser Klimaschutzabkommens erfordern eine sofortige und rigorose Abkehr von der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Es klafft jedoch eine große Lücke zwischen den Worten der Politiker*innen und ihren Aktionsplänen. Daher liegt es nun also an den Bürger*innen, dafür zu sorgen, dass Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben, damit sich das Klima nicht weiter erwärmt.

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Bildnachweis: Plane Stupid

Folgendes ereignete sich bei „Heathrow 13“: Im Juli letzten Jahres empfahl eine von der britischen Regierung beauftragte Kommission den Ausbau des Flughafens London Heathrow. Zwei Wochen später blockierten dreizehn Personen vom Aktionsnetzwerk Plane Stupid eine Start- und Landebahn am Flughafen Heathrow. Sie demonstrierten friedlich gegen die expandierende Luftfahrtindustrie, da bereits Menschen aufgrund der Luftverschmutzung und des Klimawandels starben. Die Start- und Landebahn wurde sechs Stunden lang blockiert und Dutzende Flüge waren verspätet oder wurden gestrichen.

Unter den dreizehn Personen waren auch ein 68-jähriger Atmosphärenphysiker und Danielle Paffard, Aktivistin bei 350.org UK Divestment. Vor Gericht argumentierten sie, dass sie sich als Bürger moralisch zum Handeln verpflichtet fühlen, wenn demokratische und politische Prozesse und Gesetzgebungsverfahren dabei versagen, auf die negativen Folgen der Flugzeugindustrie auf das Klima und die Gesundheit der Menschen aufmerksam zu machen.

Melanie Strickland (32) arbeitet für eine gemeinnützige Gesundheitsorganisation in London und sagte:

„Wenn das politische System so tiefgreifende Schwächen aufweist, dass es auf ein Problem wie den Klimawandel, das von großer internationaler Bedeutung ist, nicht reagieren kann, dann ist jeder Bürger und jede Bürgerin moralisch zum Handeln verpflichtet. Es ist menschlich, moralisch und sozial betrachtet unsere Pflicht, etwas zu unternehmen, um diese Katastrophe zu verhindern und den Menschen die Augen zu öffnen.“

Die Luftfahrt verursacht derzeit etwa 2-5 % der weltweiten Emissionen, aber der rapide Ausbau der Luftfahrtindustrie könnte einer aktuellen Studie des Europäischen Parlaments zufolge dazu führen, dass diese Zahl bis 2050 auf 22 % ansteigt. Die Luftfahrt ist einer der am schnellsten wachsenden Emissionsverursacher und doch bleibt sie von Emissionsminderungsauflagen weitgehend verschont und profitiert von Steuererleichterungen, die die Flugkosten künstlich niedrig halten.

Ein Abschnitt aus dem Entwurf des Pariser Abkommens, der die Emissionen aus Luft- und Seefahrt betraf, wurde in der endgültigen Fassung gestrichen. Und auch die neuen Regelungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO der Vereinten Nationen reichen bei Weitem nicht aus, um wirklich etwas bewirken zu können. Gemäß einer Schätzung des MIT wird eine dritte Start- und Landebahn in Heathrow nicht nur den Klimawandel weiter vorantreiben, sondern bis zum Jahr 2030 den frühzeitigen Tod von 150 Menschen jährlich zur Folge haben..

Auch wenn die Richterin anerkannte, dass die dreizehn Aktivist*innen „überzeugte und leidenschaftliche Menschen“ seien und Heathrow gegen die Emissionsvorschriften der EU verstieße, erklärte die Richterin sie des schweren Hausfriedensbruchs schuldig und warnte sie vor sofortigen Gefängnisstrafen, wenn sie das nächste Mal vor Gericht stehen.

Der schwere Hausfriedensbruch ist eine Straftat, die in Großbritannien unter der Regierung Thatchers mit dem Ziel eingeführt wurde, Demonstrationen zu unterbinden. 2013 empfahl ein unabhängiger UN-Experte Großbritannien, seine Polizei- und Sicherheitsgesetze zu überprüfen, und zeigte sich insbesondere „sehr besorgt über die Verurteilungen aufgrund von schwerem Hausfriedensbruch von Menschen, die legitim demonstrierten“. Ein Experte für Strafrecht bezeichnete die mögliche Verhängung einer Freiheitsstrafe als „extrem überraschend“. Zehn der dreizehn Heathrow-Aktivist*innen waren nicht vorbestraft.

Petition: Unterstützt „Heathrow 13“ und stoppt die neue Start- und Landebahn!

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Bildnachweis: Plane Stupid

 

Währenddessen in Frankreich …

In Europa findet ein weiterer Protest gegen einen Flughafenbau statt, der immer mehr Unterstützer*innen findet. Seit dem Pariser Klimaschutzabkommen wird in Frankreich der seit 40 Jahren andauernde Kampf gegen die Pläne für Europas größten Flughafen in Notre-Dame-des-Landes (NDDL), circa 25 km von Nantes entfernt, immer weiter angeheizt. In nur 24 Stunden unterschrieben über 11.000 Menschen eine Petition, die den Flughafenbau als nicht vereinbar mit dem Pariser Klimaschutzabkommen erklärt und die französische Regierung auffordert zu handeln.

Der Protest gegen den Flughafen in Notre-Dame-des-Landes ist inzwischen der symbolträchtigste Kampf der Bewegung für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in Frankreich. Das Flughafenprojekt steht symbolhaft für ein System des unnötigen Wachstums, das den wirtschaftlichen Interessen einer Minderheit dient – und zwar auf Kosten der lokalen Gemeinden, der Existenzgrundlage der Bauern, der Umwelt und des Klimas.

Seit Jahren besetzen Hunderte Menschen die Baustelle. Erst vor Kurzem haben elf Bauernfamilien erklärt, sie würden einem Räumungsbefehl nicht nachgeben und eine Verhaftung riskieren. Aus Protest gegen das Projekt haben im Januar 20.000 Menschen die Umgehungsstraße um Nantes blockiert. Viele weitere Menschen werden sich wohl am Sonnabend, den 27. Februar, der nächsten großen Mobilisierung anschließen..

Die Proteste gegen die Luftfahrtindustrie in Frankreich und Großbritannien werden weiter angeheizt. Gruppen rund um den Globus rüsten sich für mehrere für Mai geplante Massenmobilisierungen, die symbolträchtige Projekte der Kohle-, Öl- und Gasindustrie auf sechs Kontinenten zum Erliegen bringen sollen. Das Urteil gegen die „Heathrow 13“-Aktivist*innen ist erst der Beginn einer neuen Widerstandswelle gegen den Klimawandel. Weltweit bereiten sich die Menschen derzeit auf die Aktionen während der Massenmobilisierungen vom 7. bis 15. Mai vor, um wichtige Projekte der Kohle-, Öl- und Gasindustrie auf sechs Kontinenten zu stoppen. Die Break Free-Aktionen richten sich unter anderem gegen Ölquellen in Nigeria, Kohlebergwerke in Deutschland und Australien, Fracking-Projekte in Brasilien und Kohlekraftwerke in der Türkei und auf den Philippinen.