Am Freitag, den 3. Juni, hat die EU-Kommission ihr sechstes Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Es beinhaltet ein Teilembargo gegen Öl- und Gasimporte aus Russland in die Europäische Union, um den Krieg gegen die Ukraine nicht länger zu finanzieren.

Dem Embargo zufolge sollen 90 % der Ölimporte in die EU innerhalb von sechs Monaten und Importe von Ölprodukten wie z. B. Benzin bis Ende 2022 eingestellt werden. Die Vereinbarung beinhaltet Ausnahmeregelungen für Ungarn, Tschechien und die Slowakei und kommt nach Bekanntgabe der REpowerEU-Energiestrategie, in der ganz ungeniert dazu aufgerufen wird, russisches Öl durch den Ausbau der Gasinfrastruktur in Asien und Afrika zu ersetzen.

Der Guardian hat mittlerweile enthüllt, dass ein Dutzend der größten Kohle-, Öl- und Gaskonzerne nicht weniger als 195 „CO2-Bomben” in der Pipeline haben. Das sind Öl- und Gasprojekte, die während ihrer Laufzeit jeweils mindestens eine Milliarde Tonnen CO2-Emissionen freisetzen würden. Diese würden die globalen Anstrengungen zur Begrenzung der Erderhintzung auf höchstens 1,5 Grad Celsius zunichte machen. Die Recherche des Guardian zeigt, dass diese Konzerne bis 2030 pro Tag 103 Milliarden US-Dollar auszugeben gedenken.

Der Versuch, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und aus Wirtschaftsbeziehungen, die zur Fortführung des russischen Krieges in der Ukraine beitragen, auszusteigen, ist reine Augenwischerei. Denn gleichzeitig wird die Produktion fossiler Brennstoffe im globalen Süden angetrieben und es gibt keine konkreten Pläne für die Finanzierung erneuerbarer Energiequellen oder für Energieeinsparungen in den eigenen Ländern.

Außerdem haben die Vereinigten Staaten angekündigt, ihre Erdgasproduktion zu steigern. Damit wollen sie ihren Verbündeten helfen, fossile Brennstoffe aus Russland zu ersetzen — eine kurzfristige Lösung für ein systemisches Problem.

Wir sollten diesen angeblich „kurzfristigen” Maßnahmen misstrauen, denn sie erfordern die Freigabe von öffentlichem Grund und Boden für die Exploration und bauliche Erschließung. Einmal freigegeben, wird dieses Land nur schwer wieder zurückzugewinnen sein. Zudem wird es Jahre dauern, bis die jetzt als Notnagel deklarierte Infrastruktur fertiggestellt ist. Wahrscheinlich wird sie als verlorene Investition aufgegeben, wenn die akute Energiekrise abflaut.

Solange Staaten von fossilen Brennstoffen abhängig sind, gibt es Konfliktpotenzial und wird sich die Klimakrise verschärfen. Die Kohle-, Öl- und Gasindustrie beherrscht schon zu lange die Gesellschaften und Volkswirtschaften. Ungerechterweise leiden die Menschen im globalen Süden, arme Menschen überall auf der Welt am stärksten unter ihrer Macht, obwohl sie zum Klimawandel und den Konflikten um fossile Brennstoffe am wenigsten beigetragen haben.

Ebenso wie ein Embargo gegen russisches Öl brauchen wir ambitionierte Zusagen europäischer Staats- und Regierungschefs, ihre eigenen Volkswirtschaften aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen herauszuführen und im globalen Süden Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren, die den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen. Ein solcher Umschwung würde den Staaten helfen, selbst für ihre Energiesicherheit zu sorgen, und die auf fossilen Brennstoffen beruhende Macht der Diktatoren und Autokraten dieser Welt brechen.

Das Zeitalter der fossilen Brennstoffe muss jetzt dringend beendet werden, um des Friedens und des Klimas willen.