12. November 2022

350.org antwortet auf Präsident Bidens Rede bei der COP27

(Scharm El-Scheich, Ägypten) Am heutigen Freitag hielt US-Präsident Biden eine Rede bei der COP27. Dort kündigte er US-amerikanische Initiativen und globale Verpflichtungen an, unter anderem Unterstützung für die Anpassung an den Klimawandel in bestimmten Regionen des globalen Südens einschließlich Afrikas und der Pazifikinseln. Außerdem versprach Biden, seinen Notfallplan für Anpassung und Resilienz zu beschleunigen und dafür zusätzlich 150 Millionen US-Dollar bereitzustellen. Er sprach sich dafür aus, unter Einsatz öffentlicher Mittel durch die Initiative „Climate Finance +” private Investitionen in Milliardenhöhe zu mobilisieren und Länder des globalen Südens bei der Ausgabe grüner Staatsanleihen zu unterstützen. 

Präsident Biden erklärte, die USA würden ihre Verpflichtungen zum Klimaschutz einhalten. Er unterstrich ein weiteres Mal die Rolle der USA als Vorreiter in Sachen Klimaschutz und wies auf die kürzliche Verabschiedung Inflationsbekämpfungsgesetzes hin.  

Darauf antwortet May Boeve, Exekutivdirektorin von 350.org, wie folgt: 

„Präsident Biden betonte heute in seiner Rede, dass alle Nationen untereinander vernetzt sind. Das stimmt, und deshalb müssen die USA nach ihrem nationalen Erfolg mit dem Inflationsbekämpfungsgesetz auf globaler Ebene die benötigte Unterstützung leisten, insbesondere für die Länder, die das Klimachaos am wenigsten verursacht haben.  

Die USA sind einer der größten Emittenten von Treibhausgasen weltweit. Sie sind die Hauptverantwortlichen für das immer schneller voranschreitende weltweite Klimachaos und die irreparablen Schäden, die viele Gesellschaften im globalen Süden erleiden. Wenn die USA wirklich Vorreiter in Sachen Klimaschutz sein wollen, dann müssen sie zu ihrer Verantwortung stehen und für die von ihnen verschuldeten Anpassungsmaßnahmen aufkommen. Sie müssen aufhören, Projekte für fossile Brennstoffe zu finanzieren, und sich zu reellen, umfangreichen Investitionen verpflichten, um die vulnerabelsten Nationen bei der Schadensminderung zu unterstützen. 

Die Bewältigung der Klimakrise erfordert weitaus mehr als ein paar Mini-Investitionen in Anpassungsmaßnahmen. An diesem kritischen Punkt zählt jedes Zehntelgrad, sodass für kleine Schritte keine Zeit mehr bleibt. Wir brauchen jetzt radikale Maßnahmen. Die USA müssen vorangehen und die Kohle-, Öl- und Gasindustrie zur Verantwortung ziehen. Sie müssen Subventionen für fossile Brennstoffe in Höhe von Billionen Dollar umschichten und damit Lösungen der Klimakrise finanzieren.  

Als globale Organisation ist 350.org in allen Regionen tätig, von Afrika bis zu den Pazifikinseln, von Südamerika über Nordamerika bis nach Europa und Asien. Bei der COP27 und auch weiterhin werden wir für einen gerechten globalen Klimaschutz eintreten. Wir werden dafür sorgen, dass die größten Emittenten Verantwortung übernehmen und die Kohle-, Öl- und Gaskonzerne für die Schäden, die sie verursacht haben, zur Rechenschaft gezogen werden.”

Charity Migwi, Kampaignerin bei 350.org Africa, ergänzte:

„Die USA sind einer der weltweit größten Umweltverschmutzer. Angesichts dessen bleiben die Zusagen von US-Präsident Biden meilenweit hinter den Erwartungen derjenigen zurück, die von den verheerenden Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. Während sich die USA noch in Verzögerung und Leugnung üben, tragen Menschen in Afrika die Hauptlast der sich verschlimmernden Klimafolgen, ohne dass sie für die erlittenen Verluste entschädigt werden. Noch schlimmer ist, dass dieses Land weiterhin in erheblichem Umfang fossile Brennstoffe finanziert. Echte Klimaschutzmaßnahmen eines Landes, das als „Vorreiter in Sachen Klimaschutz” gelten will, würden bedeuten, dass es aus den fossilen Brennstoffen aussteigt, dringend benötigte Schadenersatzleistungen bereitstellt und eine sozial gerechte Energiewende in Afrika fördert. Das wäre ein starkes Signal an andere Industriestaaten, dringend notwendige Maßnahmen zu ergreifen.” 

Joseph Sikulu, Geschäftsführer für 350.org Pacific, äußert sich wie folgt:

„Für uns im Pazifikraum ist es zwar schön zu hören, dass die USA ihre im Pariser Abkommen vereinbarten Ziele bis 2030 zu erreichen gedenken, aber wir wollen Taten sehen. Kleine Inselstaaten können sich Abweichungen vom 1,5-Grad-Ziel nicht leisten, und wenn die USA nicht aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, dann machen sie sich mitschuldig an unserem Untergang. Das bedeutet, dass die milliardenschweren Subventionen für fossile Brennstoffe auf die Finanzierung wirklicher Klimaschutzmaßnahmen umgeschichtet werden müssen. Keine Versicherungssysteme und keine Bagatellbeträge für Anpassungsmaßnahmen, sondern ausreichende Finanzmittel, die den Gesellschaften zugute kommen, die sie am dringendsten benötigen. 

Unsere Region bekommt die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu spüren und wir sind enttäuscht, dass Präsident Biden in seiner Rede mit keinem Wort auf Schadenersatzleistungen eingeht. Wenn die USA wirklich „Vorreiter in Sachen Klimaschutz” sind, dann steigen sie aus den fossilen Brennstoffen aus, schichten das Geld, das sie bislang in schmutzige Energien stecken, um und unterstützen die Einrichtung einer operativen Fazilität für Schadenersatzleistungen bei der COP27.” 

Und hier der Kommentar von Jeff Ordower, Geschäftsführer von 350.org North America:

“Präsident Biden hat mit der Verabschiedung des Inflationsbekämpfungsgesetzes einen wichtigen Schritt vollzogen. Gern möchten wir an der guten und gerechten Umsetzung in echte Klimaschutzmaßnahmen mitwirken, die zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen führen. In diesem entscheidenden Moment für den Klimaschutz muss Präsident Biden auf die Forderungen der am stärksten vom Klimawandel Betroffenen, der indigenen Oberhäupter und der Klimaschützer*innen hören und einschneidende Maßnahmen ergreifen, um seinen eigenen Klimaschutz-Verpflichtungen nachzukommen. Bei der COP27 hat Biden große Töne gespuckt, von wegen Pflicht und Verantwortung und einer globalen Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz. Aber diese Vorreiterrolle muss im eigenen Land beginnen. Die Biden-Regierung muss sich an der eigenen Nase fassen und die Produktion, den Export und die Verbrennung fossiler Brennstoffe unmittelbar einstellen, denn diese sind die Hauptursache von Treibhausgasemissionen und lokaler Umweltschmutzung. Präsident Biden muss seine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz vorantreiben. Er muss den Klimanotstand verkünden und die Genehmigung aller neuen Projekte für fossile Brennstoffe, die überall in den USA Menschen bedrohen und weltweit zum Klimachaos beitragen, auf gesamtstaatlicher Ebene blockieren.”

 

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