Sowohl in der Klima- und als auch aktuell in der Coronakrise zeigen sich soziale Ungleichheiten stärker denn je: Wir alle sind von den Auswirkungen großer Krisen betroffen, aber am härtesten trifft es diejenigen, die am wenigsten zu ihrer Entstehung beigetragen haben: Arme Menschen, Arbeiter*innen in Pflegeberufen oder Menschen auf der Flucht.
Genauso groß wie diese Krisen, müssen auch unsere Visionen für deren Lösung sein. Wir müssen für eine bessere und gerechtere Zukunft kämpfen und so soziale Ungleichheit, Rassismus sowie die Umwelt- und Klimakrise gleichzeitig überwinden.
Was also tun?
Die Corona-Krise hat soziale Ungleichheit sichtbar in die Öffentlichkeit getragen und macht somit Forderungen denkbar und notwendig, die vor einem halben Jahr noch unmöglich erschienen. Um die großen miteinander verbundenen Krisen des Klimawandels und der sozialen Ungleichheit anzugehen brauchen wir große Lösungen und weitgehende Forderungen.
Wir fordern ein großes staatliches Investitionsprogramm – in anderen Kontexten oft ‘Green New Deal’ genannt. Jetzt ist der Zeitpunkt, um mit öffentlichen Mitteln in eine gerechte und lebenswerte Zukunft zu investieren und unsere Wirtschaft fundamental zu verändern.
Dieses Programm muss dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft durch den Ausstieg aus fossilen Energieträgern (vor 2038!) vollständig dekarbonisiert wird und Treibhausgasemissionen im Energie-, Verkehrs-, Wohnungsbau- und Ernährungssektor konsequent reduziert werden. Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass Millionen klimagerechte, aber versorgungsrelevante Arbeitsplätze geschaffen und aufgewertet werden – besonders in der Pflege, aber auch im Erziehungs- und Bildungsbereich. Es muss auch dafür sorgen, dass globale Gerechtigkeit gefördert wird, indem indem effektiv die Klimakrise bekämpft wird und Deutschland für seine historischen Emissionen (auch finanzielle) Verantwortung übernimmt.
Ein solch ambitioniertes Programm, können wir nur mit einer breiten Basis und Druck von unten umsetzen. Es muss getragen werden von betroffenen Menschen, Städten und Gruppen engagierter Bürger*innen. Das ist eine große Aufgabe, aber wir können von bestehenden Gruppen lernen. Zum Beispiel vom…
Sunrise Movement, USA
Schlagartig bekannt wurde das Sunrise Movement im Dezember 2018 als sie das Büro der Demokratin und Vorsitzenden des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi besetzen. Sie forderten, dass die Umsetzung eines Green New Deals – einem umfassenden Plan gegen Klimakrise und Ungleichheit. Bei der Besetzung wurden viele der Protestierenden festgenommen, die Aktion bekam große Aufmerksamkeit.
Diesem Überraschungsmoment waren viele Monate sorgfältiger Planung und vieler Trainings vorausgegangen. Ursprünglich hatte einen kleine Gruppe aus Divestment-Aktiven die Strategie der Kampagne erdacht . Das Erfolgsrezept der Bewegung ist eine visionäre Erzählung, überraschende Taktiken mit zivilem Ungehorsam und eine starke Struktur, die dafür sorgt, dass viele Menschen effektiv teil der Bewegung sein können. Hier könnt ihr mehr über die Geschichte der Bewegung lesen (auf Englisch).
Die Bewegung hat viel erreicht: Sie hat es geschafft, dass Klima- und Sozialpolitik nicht mehr als Gegensatz verstanden werden und den Green New Deal auf die Tagesordnung des Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zu bringen. Außerdem hat die Bewegung noch andere inspiriert, zum Beispiel:
Green New Deal und Build Back Better, UK
In Großbritannien kämpft ein breites Bündnis aus Klimabewegung, Gewerkschaften, migrantischen und BIPOC Gruppen gemeinsam für einen Green New Deal.
Ähnlich wie in den USA sind die Gruppen lokal stark verankert und arbeiten auch in Städten und Gemeinden an der Umsetzung des Green New Deals. Aktuell in der Coronakrise fordern die Gruppen unter dem Motto “Build Back Better”, dass die öffentlichen Gesundheitssysteme massiv ausgebaut werden. Gleichzeitig sollen Gelder zur Wiederbelebung der Wirtschaft für Menschen und nicht für Umweltverschmutzer wie der fossilen Industrie ausgegeben werden.
Hier ist ein Video von einer aktuellen Aktion:
Last night we helped @ukscn_london send a message to @bankofengland & @RishiSunak
As world leaders gather for #G20 to discuss Covid-19, together we demand they spend public money on building back better for people, not profit
See the action here#JustRecovery #BuildBackBetter pic.twitter.com/fBtDuakTJh
— 350.org Europe (@350Europe) July 17, 2020
Was muss hier bei uns passieren?
Wir können von diesen Bewegungen lernen. Als ersten Schritt heißt das für die Klimabewegung, dass wir uns mit anderen Akteuren zusammenzuschließen müssen. Das passiert zum Glück auch schon: Zum Beispiel unterstützen Fridays for Future die Tarifverhandlungen der Arbeiter*innen im ÖPNV-Bereich, um gemeinsam für die Verkehrswende einzustehen. Sie zeigen uns: Unser Kampf für ein gutes Klima, mit grüner Mobilität und gute Arbeit für alle ist ein und derselbe Kampf.
Heute startete die erste #ÖPNV Aktion zusammen mit @verdihalle auf dem Marktplatz. Für eine echte #Verkehrswende braucht es einen starken ÖPNV! #FridaysForFuture #HalleSaale #Halle #FridaysForFutureHalle pic.twitter.com/mXgKpSrIIa
— Fridays for Future – Halle (@fffhalle) July 21, 2020
Und im August sind Klimaaktivist*innen in Berlin mit Krankenhausbeschäftigten auf die Straße gegangen, um für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege einzustehen. Auf ihren Schildern steht: “Care Work is Climate Work”. Sorgearbeit ist emissionsarm, absolut lebensnotwendig für alle und in unserer Gesellschaft geringfügig oder gar nicht bezahlt. Das wollen wir ändern! Der erste Schritt ist ein großes und grünes Investitionsprogramm.
Für eine klimagerechte Gesellschaft, können wir uns mit vielen Akteuren hinter eine gemeinsame Forderung stellen: Wir fordern Investitionen in eine echte sozial-ökologische Transformation!