20. März 2023

IPCC-Bericht: Aussteigen und umsteigen, so schnell und umfassend, wie es die Klimakrise verlangt

Der neueste IPCC-Bericht, der heute veröffentlicht wurde, macht klar, dass ein schneller und gerechter Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen notwendig ist, um die Klimaziele nicht zu verfehlen und irreversible Schäden für Menschen und Ökosysteme möglichst gering zu halten. Denn eine Erderwärmung um mehr als 1,5 °C hätte katastrophale Folgen für Menschenrechte und Gerechtigkeit.    

Der Weltklimarat (IPCC) wurde 1988 mit dem Auftrag gegründet, die politischen Instanzen regelmäßig über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel zu unterrichten. Der Synthesebericht ist das Abschlussdokument des sechsten Sachstandszyklus und dient als Informationsgrundlage für die globale Bestandsaufnahme des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Im Jahr 2023 überprüfen die Staaten, welche Fortschritte bezüglich der Ziele des Pariser Abkommens gemacht wurden, unter anderem auch hinsichtlich der Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 1,5 °C.   

May Boeve, Executive Director von 350.org: 

„In diesem Bericht wird gefordert, unverzüglich aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen und eine gerechte Energiewende hin zu Erneuerbaren in öffentlicher und in Bürgerhand herbeizuführen. Dies muss so schnell und umfassend geschehen, wie es die Klimakrise verlangt. Es gibt durchaus Grund zur Hoffnung, denn es wird so viel wie nie zuvor in Erneuerbare investiert. In Wahrheit bringt der Ausbau der Erneuerbaren allerdings nur dann etwas, wenn wir zugleich aus den fossilen Brennstoffen aussteigen. Wir können die Kapazitäten der Erneuerbaren im Energiemix noch so sehr steigern – wenn wir nicht gleichzeitig die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe abstellen, dann bringt uns das keinen Schritt weiter.” 

 

Joseph Sikulu, Geschäftsführer von 350.org Pacific:

„Erst letzten Monat haben wir erlebt, wie innerhalb von nur einer Woche zwei tropische Wirbelstürme über Vanuatu hinweggefegt sind und ganze Ortschaften verwüstet haben. Die 1,5 Grad sind nicht einfach eine Zielvorgabe für den Pazifik, sie sind ein Grenzwert. Damit wir unter diesem Grenzwert bleiben, brauchen wir einen schnellen und gerechten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und auch die dafür nötigen Finanzmittel. Erst letzte Woche haben sechs Pazifikstaaten den Aufruf von Port Vila unterzeichnet, in dem sie sich zu einer gerechten Energiewende für einen fossilfreien pazifischen Raum verpflichten, während reiche Industriestaaten weiterhin neue Öl- und Gasfelder genehmigen.  

Wir haben historisch so gut wie nichts zur Klimakrise beigetragen, sind aber gewillt, beim Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen voranzugehen und auf Erneuerbare umzustellen. Noch besteht Hoffnung und die Lösungen für diese Krise sind vorhanden. Aber möglich wird dies nur durch einen gerechten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.” 

Norly Grace Mercado, Regionaldirektorin von 350.org Asia:

„Was im neuen Bericht des Weltklimarats steht, ist in Asien überall ganz real zu beobachten: Taifune, Überschwemmungen und Hitzewellen werden immer häufiger. Nach der Pandemie bedrohen diese Klimafolgen unsere Gesellschaften und unser Leben mehr denn je. Wir müssen dringend aktiv werden, damit wir das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens einhalten und nicht noch mehr Menschen und Lebensgrundlagen verlieren.  

Die Überschreitung dieses Ziels wäre komplette Ignoranz gegenüber der Lebenswirklichkeit der Menschen, die schon heute besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. Gelingen kann das nur, wenn Länder wie Japan aufhören, Ausstiegsanreize auf G7-Ebene zu blockieren, und wenn reichere Nationen die nötigen Ressourcen für eine gerechte Energiewende mit 100 Prozent Erneuerbaren bereitstellen.”

Landry Ninteretse, Regionaldirektor von 350.org Africa: 

„Überall auf dem Kontinent, wo Menschen besonders stark von der Klimakrise betroffen sind, sehen sie in den immer heftigeren Klimafolgen einen schmerzhaften Ausdruck der Ungerechtigkeit des Klimawandels, denn er trifft besonders diejenigen, die ihn am wenigsten verschuldet haben. Erst kürzlich hat der Zyklon Freddy bewohnte Gebiete in Malawi, Mosambik und Madagaskar verwüstet. Er hat mehr als 400 Menschenleben gefordert, ganze Ortschaften unbewohnbar gemacht und die Infrastruktur zerstört. Die Wissenschaft prognostiziert unvorstellbar katastrophale Klimafolgen für den Fall, dass sich die Erde um mehr als 1,5 Grad Celsius erwärmt. Dies erfordert ein klares Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und die Förderung einer gerechten Energiewende mit Erneuerbaren von und für Menschen. Außerdem brauchen diejenigen Länder, die besonders unter dem Klimawandel leiden, die Unterstützung reicher Nationen, um sich gegen die Klimafolgen zu wappnen.”

Masayoshi Iyoda, Teamleiter bei 350.org Japan:

„Der Weltklimarat lässt keinen Zweifel daran, dass reiche Nationen wie Japan eine historische Verantwortung haben, beim Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen und beim gerechten Umstieg auf Erneuerbare voranzugehen. Den Klimawandel zu leugnen ist nicht nur unmoralisch, sondern auch unwissenschaftlich und wirtschaftlich unvernünftig. Japan muss aufhören, mit seiner umstrittenen „grünen” Energiewende, die auch die Mitverbrennung von fossilem Ammoniak/Wasserstoff, Kernkraft sowie CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS/CCUS) umfasst, falsche Lösungen zu verkaufen.” 

Ilan Zugman, Regionaldirektor von 350.org Latin America: 

„Das Szenario, das im Bericht des Weltklimarats präsentiert wird, ist in Lateinamerika an vielen Orten greifbar. Dort haben sich in den letzten Jahren Regierungen, die den Klimawandel leugnen, zu Komplizen beim Ausbau fossiler Brennstoffe gemacht, obwohl indigene Gesellschaften und soziale Bewegungen vehement auf erneuerbare Energien drängen. 

In Ländern wie Brasilien und Kolumbien scheinen die neuen Regierungen den Forderungen der besonders vom Klimawandel betroffenen Gruppen nach einer gerechten Energiewende mehr Gehör zu schenken. Dennoch stehen auch dort noch konkrete Maßnahmen aus, zum Beispiel ein Fracking-Verbot und ein Ende der Subventionierung von Öl und Gas. Diese Staaten verfügen über enorm gute Voraussetzungen, bei der Erzeugung erneuerbarer Energien voranzugehen und Strukturen zu schaffen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und nicht an den Profiten der Kohle-, Öl- und Gasindustrie orientieren.

Der Bericht des Weltklimarats fasst zusammen, was die Menschheit tun muss, um die Klimakrise zu bewältigen. Im Gegensatz dazu demonstrieren Regierungen, Unternehmen und Banken, die an Projekten wie etwa in Vaca Muerta, Argentinien, beteiligt sind, welche grenzenlose Gier uns überhaupt erst in diese Notlage geführt hat. Wir können nicht den Ländern des Globalen Südens die Drecksarbeit aufbürden, die im Globalen Norden niemand mehr machen will. Die Energiewende muss überall auf der Welt stattfinden.”

Clémence Dubois, Teamleiterin bei 350.org France:

„Wie oft werden unsere Regierungen noch diese katastrophalen wissenschaftlichen Analysen abzeichnen, ohne anschließend etwas dagegen zu tun? Wenn die Regierungen nicht handeln, dann eben wir. Überall in Europa und auf der ganzen Welt schließen sich Menschen zusammen, um zu verhindern, dass Banken und reiche Aktionär*innen von fossilen Brennstoffen profitieren während die meisten Menschen vor die Wahl gestellt werden, entweder zu heizen oder zu essen. Wir werden immer stärker und legen uns mit Ölriesen wie Total an, damit sie für den Schaden aufkommen, den sie verursacht haben und immer noch verursachen. Und wir bilden neue Koalitionen für den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und den Einstieg in eine neue Wirtschaftsweise auf der Grundlage von Erneuerbaren von und für Menschen eine Wirtschaft für die vielen und nicht für die wenigen.” 

 

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