15. März 2021

Klimaaktivismus im Lockdown

Wir sind Fossil Free Münster. Als eine der älteren Fossil Free Gruppen in Deutschland haben wir unsere Stadt und unsere Universität bereits von Divestment überzeugen können. Seit fast fünf Jahren versuchen wir, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe zum Divestment zu bewegen. Konkret hieße das, die RWE-Aktien zu verkaufen und nachhaltige Anlagekritierien festzulegen.

Dieses Jahr war – wie in so vielen anderen Lebensbereichen – im Klimaaktivismus alles anders. Deshalb müssen wir hier auch resümieren, wie die globale Pandemie das Jahr 2020 für uns thematisch mitbestimmt hat. Bis zum März war dabei noch alles wie gewohnt und wir haben uns an Aktionen des Bündnisses Klimaalarm beteiligt. Dieses Bündnis besteht aus zehn aktionistischen Gruppen in Münster, die mit dem Thema Klimawandel intersektional in Berührung stehen. Gemeinsam veranstalten wir größere und medienwirksame Aktionen unter dem gemeinsamen Thema Klimagerechtigkeit.

Mit dem Klimaalarm-Bündnis haben wir

  • Ministerpräsident Armin Laschet beim Neujahrsempfang der CDU Münster mit Protest gegen seine Kohle-Freundliche Politik in Empfang genommen. Um die geplante Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln IV zu kritisieren, verteilten wir bei der Veranstaltung Dattel-Häppchen.
  • gegen den Vortrag eines Klimawandelleugners protestiert, zu dem aus weitem Umfeld Personen angereist waren, und mit Erschrecken festgestellt, mit welchen Mitteln und aus welchen Motiven die Szene vorgeht.
  • mit der Führung der Stadtwerke fruchtbare Gespräche zur lokalen Energiewende geführt.
  • bei einem weiteren Besuch Armin Laschets für einen Vortrag im Münsteraner Dom unter dem Motto “Lasset die Kirche im Dorf” eine bunte Kundgebung veranstaltet.

Als letzte Aktion kurz vor dem Lockdown haben wir dann mit – damals noch irgendwie befremdlichen – Corona-Schutzmaßnahmen einen Redebeitrag auf einer Mahnwache von SofA gehalten. Bis Ende April war es uns kaum möglich, sich mit Klimaprotesten auf die Straße zu begeben: Wir mussten uns zunächst an die neue Situation gewöhnen. Die Umstellung zum Onlineformat war schwierig und teilweise demotivierend. So mussten wir Straßenaktionen zunächst aufschieben und allgemein von unseren bekannten Wegen abweichen. Stattdessen gab uns das die Gelegenheit, ganz anders kreativ werden. So veranstalteten wir Webinare, intensivierten unsere Pressearbeit und überlegten uns Aktionsformen in Kleinstgruppen.
Auch rechtlich war die Lage zu Kundgebungen zunächst unklar. Dann wurde Ende April nach einer Klage der Atomkraftgegner*innen das pauschale Versammlungsverbot gekippt und wir konnten wieder auf die Straße. Die erste Mahnwache des Klimaalarmbündnisses fand unter dem Motto „Klimakrise abwenden – grüne Wende in Münster umsetzen – Solidarität kennt keine Grenzen“ statt.

Bei der Hauptversammlung des Kohlekonzerns RWE fanden – organisiert von den kritischen Aktionär*innen – trotz der Pandemie-Auflagen viele bunte Proteste statt. Diese größere gemeinsame Aktion hat wieder etwas Aufwind in unsere Gruppe gebracht.

Ebenso bunt und motivierend war der jährlich stattfindende “Park(ing) Day”. Dabei wurde für eine Umverteilung des öffentlichen Stadtraumes demonstriert, was wir unter dem Thema “Seifenblasen statt Carbon Bubble” bereicherten. Eine von Münsters Hauptverkehrsstraßen war so einen ganzen Tag lang autofrei!

Ein für uns besonders aufwendiges Projekt war der Parteiencheck, den wir für die Kommunalwahl in NRW im September durchgeführt haben. Wir befragten die Parteien über ihre Stellung zu Divestment und veröffentlichten die Ergebnisse. Damit wollten wir das Thema in die Kommunen des LWL tragen, von denen viele immer noch RWE-Aktien halten.

In unserer Kampagne haben wir letztes Jahr einen Teilerfolg erreicht: Der LWL verkaufte im Herbst ein Viertel seiner RWE-Aktien. Das bedeutet, dass sich immer noch fast fünf Millionen RWE-Aktien in der Hand des LWL befinden. Wir geben nicht auf!
“Gefeiert” haben wir den Teilverkauf mit der Übergabe eines Kuchens an den Vorsitzenden der Landschaftsversammlung, der zu drei Vierteln aus schwarzer Kohle bestand.

Die größte Aktion im letzten Jahr haben wir wiederum mit dem Klimaalarm-Bündnis durchgeführt. Sie stand unter dem Motto “Münster Horror Climate Show” und fand am 31. Oktober, Halloween, statt. Geplant war ein großer Demozug zu einigen “Klimatatorten” in Münster, unter anderem zu den Themen Abschiebepolitik der EU, Urantransporten, Massentierhaltung und Verkehrswende. Auch diese Pläne mussten in letzter Minute an die Corona-Lage angepasst werden und so gab es stattdessen viele kleine Kundgebungen.
Wir von Fossil Free haben diesmal kein Baumhaus gebaut, sind jedoch mit einem etwa 15 m² großen Banner in die hohen Platanen vor dem LWL-Landeshaus geklettert. Damit protestierten wir erneut gegen die RWE-Aktienbeteiligung und für Divestment.

Trotz der vielen tollen Aktionen, die wir gemacht haben, hat das letzte Jahr unserer Gruppe doch zu schaffen gemacht. Zuletzt sind wir auf 5-7 Leute zusammengeschrumpft, was natürlich auch unsere Kapazitäten schmälert. Wir hoffen, wieder neue Mitstreiter*innen gewinnen zu können – auch wenn Onlineplena, Recherchen und Öffentlichkeitsarbeit nicht so spannend wie Aktionen auf der Straße sind.

Wir schauen dennoch voll Zuversicht ins neue Jahr. Durch die Kommunalwahl haben sich die Verhältnisse im LWL-Parlament verändert und das Thema RWE-Aktien ist zumindest, wenn auch schwammig, im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen festgeschrieben. Das gibt uns Hoffnung für ein Divestment des LWL.
Wir bleiben dran und wünschen allen Klimaaktivist*innen ein erfolgreiches Jahr!