Diese Tatsache allein, erstaunt, empört und macht wütend. Doch zunächst zu den Erfolgen.
Erfolge beim Hochschul-Divestment in Deutschland
Die letzte Hochschule in Deutschland, die sich öffentlich der Divestment-Bewegung angeschlossen hat, war Ende 2019 die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Sie hat Anlagerichtlinien verabschiedet, die den Kriterien von Fossil Free entsprechen – allerdings hat die dortige Ortsgruppe in den vorbereitenden Gesprächen mitbekommen, dass trotzdem Fonds als Anlage im Gespräch waren, die wir als problematisch einstufen. Mittlerweile hat die Uni nachgebessert, doch der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Dennoch: Allein, dass es diese Richtlinie gibt, ist ein riesiger Erfolg und den Rest des Weges schafft Fossil Free Freiburg auch noch!
2016 hatte die Uni Münster als erste Uni Deutschlands teilweises divestiert und ist so in die Geschichte eingegangen. Zwei Jahre später folgte die Georg-August Universität in Göttingen.
All diese Erfolge sind nicht einfach so passiert, sondern wurde von Studierenden über Jahre hinweg erkämpft. Mit kreativen Aktionen, öffentlichem Druck und anhaltenden Gesprächen, wurde der öffentliche Druck auf die Hochschulen so groß, dass sie sich öffentlich Kohle, Öl und Gas distanzierten und Gelder aus dem Sektor abzogen. In Freiburg dauerte der Kampf über 6 Jahre an.
Universitäten machen sich zu Mittäter:innen in der Klimakrise
Doch was ist seit dem letzten Uni-Divestment-Erfolg passiert? Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist immer stärker geworden, Klimaschutz ist für einen Großteil der Bevölkerung Thema Nummer eins, und im Bewusstsein des Mainstreams kommt immer mehr an, dass das Zeitalter der fossilen Brennstoffe sich dem Ende neigt.
Und trotzdem investieren Hochschulen weiter in die Klimakiller Kohle, Öl und Gas.
Fossil Free Darmstadt hat jüngst eine Petition an die TU Darmstadt gestartet. Denn diese weigert sich beharrlich ihre Finanzen offen zu legen und sieht bislang keine Notwendigkeit die fossile Industrie über Anlagerichtlinien auszuschließen. Matthias Lang von Fossil Free Darmstadt dazu: “Wir fordern die TU auf, wirklich Verantwortung zu übernehmen, eine nachhaltige Anlagerichtlinie zu beschließen und ihr Geld klimagerecht zu investieren.”
Bereits seit 2019 übt Fossil Free Lüneburg Druck auf die Leuphana Universität Lüneburg aus, ihr Vermögen zu divesten. Nach einer andauernden Kampagne hat das Präsidium gemeinsam mit dem Senat der Leuphana Universität Lüneburg im Sommer 2021 beschlossen, einen überwiegenden Teil der Unigelder (Gesamtvermögen ca. 50 Mio. €) als aktive Anlage anzulegen. Hierbei sollen Ausschluss- sowie Positivkriterien berücksichtigt werden, die hoffentlich Kohle, Öl und Gas ausschießen.
Das alles sind positive Anzeichen. Fossil Free Lüneburg stellt nun sicher, dass die Ankündigungen nun auch konsequent umgesetzt werden und informiert die Öffentlichkeit über Fortschritte oder Rückschläge.
Das Jahr 2021 hat erneut einen traurigen Rekord an Klimafolgen hervorgebracht. Ob anhaltende Dürre und Sandstürme in Madagaskar; heftige Überschwemmungen in Thailand, China oder im Ahrtal; extreme Brände in Nordamerika, Griechenland oder Russland: die Klimakrise fordert schon jetzt unzählige Menschenleben, zerstört Gemeinden und ganze Ökosysteme, führt zu Hunger, Krieg und Flucht vor allem im globalen Süden.
Eins ist klar. Es gibt in der Klimakrise keine Normalität mehr. Und deswegen auch keine Neutralität.
Universitäten (und andere Institutionen), die in Fonds investieren und Kohle, Öl und Gas nicht aktiv ausschließen, investieren zu einer nach einer allgemeinen Hochrechnung 2-3% ihrer Anlagen fossil. Und machen sich so zu Mittäter:innen in der Klimakrise.
Die gängigen Ausreden
Manch eine Hochschule sagt, dass sie nur sehr wenig Geld anlegt und sich ein Divestment nicht lohnen würde. Manche sagen, dass sie gar keine Investitionen tätigen und sich deswegen nicht öffentlich gegen zukünftige Investitionen in den Sektor aussprechen müssen. Andere sagen nichts und bleiben trotz hoher Investitionssummen und Stiftungsgelder untätig.
Die Hochschullandschaft und die Investitionspraktiken sind divers. Doch eins ist und bleibt klar, wir müssen der fossilen Industrie weiterhin die soziale Unterstützung entziehen, damit Kohle, Öl und fossiles Gas tatsächlich im Boden bleiben und nicht als Clean Coal oder Brückentechnologie verkauft werden können.
Jede Universität, die sich öffentlich zu Divestment bekennt, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu der dringend benötigten sozial-ökologischen Transformation.
Hört auf euch rauszureden, liebe Hochschulen, und packt es an!