von Sebastian Bock, Katja George und Kate Cahoon

George Floyd war ein Schwarzer Mann, der in Minneapolis lebte. Er wurde Ende Mai 2020 von einem Weißen Polizisten brutal ermordet. Leider ist er nur der ein Fall in einer Reihe von Schwarzen Menschen, die durch Polizeigewalt in den USA ermordet wurden. Sein Tod löste überall in den Vereinigten Staaten Aufstände aus. Seit seiner Ermordung am 25. Mai gingen Menschen auf die Straße, um Gerechtigkeit zu fordern. Die Proteste in den USA lösten auch Hunderte von Solidaritäts- und Antirassismus-Proteste auf der ganzen Welt aus. Auch in Deutschland waren in vielen Städten hunderttausende Menschen auf der Straße. Aus Solidarität zu der #BlackLivesMatter Bewegung in den USA, aber auch weil rassistische Polizeigewalt und rassistische Ausgrenzungen, Gewalt und Ermordung wie in Hanau oder durch den NSU in Deutschland für zu viele Menschen auch 2020 noch immer zum Alltag gehören.

Viele Weiße sprechen nicht gern über Rassismus oder fühlen sich – wie auch die Weißen Autor*innen dieses Textes – oft unwohl, wenn sie mit ihrem eigenen (Alltags-)Rassismus konfrontiert werden. Viele werden sich vielleicht auch fragen, warum eine Organisation, die sich für Klimaschutz einsetzt, über Rassismus schreibt und worauf wir damit eigentlich hinaus wollen.

Als wir begannen uns für das Klima zu engagieren, war uns der Zusammenhang zwischen Rassismus und der Klimakrise nicht immer klar. Das ist wenig überraschend. Denn: Die deutsche Klimabewegung ist zu großen Teilen Weiß. Fast alle bekannten Umweltorganisationen (wir bei 350 Deutschland sind keine Ausnahme) werden von Weißen Menschen geleitet, haben überwiegend Weiße Mitarbeiter*innen und schenken anderen Stimmen zu wenig Gehör. Doch je öfter wir mit Menschen sprachen, die schon heute direkt und unmittelbar vom Klimawandel betroffen sind, desto mehr fingen wir an zu verstehen, dass beide Krisen dieselbe Wurzel haben. Beide sind die direkte Folge eines Systems, das auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht. Wir müssen also dieses System verändern, wenn wir Klimawandel und Rassismus Einhalt gebieten wollen.

Denn Rassismus ist leider auch hier in Europa allgegenwärtig. Jedes Jahr sterben tausende Geflüchtete auf ihrem Weg nach Europa. Oft kommen sie aus Ländern, die nur wenig zur Klimakrise beigetragen haben, aber schon heute am meisten unter den Auswirkungen leiden. Viele von ihnen müssen den riskanten Weg über das Mittelmeer nehmen, weil Europa keine sicheren Einreisewege ermöglicht – und weil Europa Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt.

In vielen Ländern Europas ist unsere Kolonialgeschichte und die Unterdrückung und der Tod von Millionen Menschen nur eine Randnotiz im Geschichtsunterricht. Auch bei uns leben die rassistischen Strukturen der Kolonialzeit weiter, damit in Deutschland auch im 21. Jahrhundert noch dreckiger Kohlestrom produziert werden kann. So zerstört ein großer Teil der Kohle, die in deutschen Kraftwerken verbrannt wird, nicht nur das Klima, sondern auch die Lebensgrundlagen der lokalen, indigenen Bevölkerung in den Abbaugebieten in Kolumbien und anderswo.

Eine gerechte Lösung für die Klimakrise muss daher den Kampf gegen Rassismus in den Mittelpunkt stellen. Und zwar überall und nicht nur dort, wo es unmittelbare Zusammenhänge zwischen Rassismus und Klimawandel gibt. Mit anderen Worten: Wir dürfen die Augen gegenüber dem Rassismus in unserer Gesellschaft nicht verschließen und müssen mit denjenigen zusammenstehen, die tagtäglich damit konfrontiert sind.

Wir wollen ehrlich sein. Uns fällt das nicht immer leicht. Als Weiße Menschen ist es sehr einfach, sehr bequem für uns, Alltagsrassismus einfach auszublenden. Wir können uns mit Rassismus befassen. Wir müssen es aber nicht. Für uns ist das eine Wahl. Eine Wahl, die in Deutschland und überall auf der Welt viele nicht haben. Daran müssen wir uns immer wieder erinnern und möchten euch einladen, das mit uns zu tun und gemeinsam über Rassismus und Klimagerechtigkeit nachzudenken. Tun wir das – in einer mehrheitlich Weißen Klimabewegung – nicht, dann tragen unser Schweigen und unsere Unwissenheit auch weiterhin zu einem rassistischen System und ungerechter Klimapolitik bei.

Um einen Anfang zu machen, haben wir einige Videos, Texte und andere Materialien zusammengetragen, die uns dabei geholfen haben:

Videos:

Texte:

Podcasts

Zum Glück gibt es großartige Gruppen, die hier bei uns gegen Rassismus und für Klimagerechtigkeit kämpfen. Fast überall gibt es Initiativen gegen Rassismus und wir möchten dich ermutigen, diese Organisationen zu unterstützen wo immer du kannst. Mit deiner Zeit, mit deinen Ideen oder – wenn es dir möglich ist – auch mit deinem Geld. Eine Übersicht findest du zum Beispiel in diesem Twitter-Thread von Anna Dushime der in diesem Artikel.

Für uns alle ist jetzt die Zeit zum Handeln. Falls du es noch nicht getan hast, ist dies der Zeitpunkt, um den ersten Schritt in Richtung aktiver Antirassismusarbeit in deinem Engagement für Klimagerechtigkeit zu machen. Wenn du schon erste Schritte gemacht hast, ist jetzt die Zeit, weiter zu gehen. Die Ereignisse der letzten Wochen haben ein einzigartiges Fenster für Gespräche eröffnet – mit deinen Freunden, deiner Familie, innerhalb deiner Gemeinde und mit anderen Menschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung. Dies ist eine Einladung, diese Gelegenheit zu nutzen und mit uns gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir Rassismus hier bei uns und überall wirksam bekämpfen können.

Wenn die Medien sich auf die nächste Story stürzen, hoffen wir, dass wir als Klimabewegung das nicht tun. Es wird ein langer Weg, aber das Ziel des Weges ist es wert: Gerechtigkeit für alle.